Die Wand – ein Kunstwerk

Raumfabrik Münster/Osnabrück

Oberflächen dienen als ausdrucksstarke Leinwand der Wohnkultur, wenn Sie individuell und gut durchdacht umgesetzt werden. "Also los, machen wir etwas daraus!", fordert Hendrik Wilp. Der junge Inhaber des traditionsreichen Familien-Unternehmens aus Emsdetten nutzt dazu die Kreativität von Künstlern und Inspiration aus aller Welt.

Hier schimmert eine Wand in rostigen Grundtönen, dort zaubern Ziegel die Atmosphäre eines Kellers in den Raum. Daneben stürzen unterschiedliche Putzoberflächen den Betrachter in ein Wechselbad der Gefühle: Mal glatt und sachlich, dann wieder warm und einladend und dort mit einer tastbaren Struktur, die dazu verführt, immer wieder die Finger darüber gleiten zu lassen. „Unique wall“, in dieser Ausstellung ist der Name Programm. Auf Deutsch: einmalige Wand. Hendrik Wilp steht mitten drin und fragt rhetorisch: „Ist es nicht irre, was heute alles möglich ist?“

In der Tat. Die Vielfalt an Oberflächen und Materialien setzt der Phantasie von Menschen, die ihr Wohnumfeld neu gestalten möchten, keine Grenzen mehr. Paradiesisch. Oder verstörend? „Eine intensive Beratung, gute Gespräche sind absolut wichtig.“ So erkennt Wilp, dessen Betrieb zum Team der Raumfabrik gehört, die Herausforderung in der Veränderung. Zwei Ausstellungen in Emsdetten präsentieren seine Handwerkskunst und Gestaltungsfreude. Auch in den Showrooms der Raumfabrik in Münster und auf Norderney sorgt er für reichlich Inspiration.

Die Vielzahl an Wandbelägen, Farben, Putz-und Mischtechniken ergänzt Hendrik Wilp seit einigen Jahren um das extrem experimentierfreudige Programm „Unique Wall“. „Zusammen mit Künstlern kreieren wir einzigartige Oberflächen und verbinden so traditionelle Handwerkskunst mit Kunst und moderner Wohnkultur“, fasst Wilp das Konzept in Worte. Der Anspruch: Wandoberflächen, Kaminöfen oder auch Möbel sollen zu einem Unikat werden, das die individuelle Atmosphäre von Wohnräumen optisch unterstreicht. Noch Handwerk oder schon Kunstwerk? Eher Kunst-Werk.

Der Hintergrund: Das Handwerk spielt dem inspirierten Maler und Tapezierer eine ähnliche Menge an Möglichkeiten in die Hand, über die auch moderne Künstler verfügen. Allein die Welt der Putzarten. Die Bindemittel, die den Wandauftrag geschmeidig halten, und die Zuschlagstoffe, die ihm Textur geben, lassen sich in manigfaltiger Art kombinieren. Neben Kalk taugt auch Silikat, Kunstharz, Gips oder sogar Lehm als Bindemittel. Schlägt man mineralische Stoffe wie Quarzsand, Gesteinsmehl oder Kies hinzu, verändern sich Struktur, Farbgebung und Haptik. Organische Zusätze wie Tierhaare, Stroh oder Kork erzeugen jeweils andere Effekte. Rechnet man noch die Vielzahl von Tapeten, Lederbesätzen, Natur- und Metallelementen hinzu und die einfache Übertragbarkeit von komplexen digitalen Bilddaten auf viele Untergründe, dann erscheinen schier unendliche Möglichkeiten wie Menetekel an jeder Rohbauwand.

Immer mehr Kunden wissen das. Sie stehen vor einem kreativen Dilemma: Alles geht, nichts muss. „Wir ordnen das Chaos in einem kreativen Prozess, begleiten sie zuverlässig und kreativ“, beschreibt Hendrik Wilp seinen Auftrag, wie er ihn sieht. Dazu sei es nicht nur wichtig, die bauliche und räumliche Situation sorgsam zu analysieren. Auch Dinge wie Lebenseinstellung, Hobbys, Temperament oder Lieblingsorte können bei der Gestaltung von Oberflächen eine wichtige Rolle spielen. „Ein Naturbursche fühlt sich in einer ganz anderen Umgebung wohl als ein Produktdesigner“, gibt der junge Malermeister und Betriebswirt ein griffiges Beispiel. Greift die Gestaltung der Oberflächen diese Vorlieben auf, dann entsteht etwas Einmaliges: ein optisch und emotional stimmiges Gesamtbild. Mit anderen Worten: Wohnkultur zum Wohlfühlen.

Die Freude an kreativen Prozessen und Experimentieren hat eine Vorgeschichte. Hendrik Wilp reiste Anfang der 2000er Jahre zwölf Monate um die Welt, um Ideen zu sammeln und einfach mal über den eigenen Tellerrand zu schauen. Eine „Walz“ der besonderen Art. „Ich habe in Villen gearbeitet, die hatten gefühlte fünfzig Zimmer“, erinnert er sich, „aber wo man hinschaute: Überall wurde in Details gepfuscht.“  Neben Australien besuchte er auch Neuseeland sowie die USA und jobbte immer wieder bei lokalen Handwerkern seiner Branche. Oft lehrte ihn die Praxis ausgerechnet, wie er seinen Job keinesfalls leben möchte: Dem angloamerikanischen Kunden geht es meist mehr um den ersten Eindruck, als um Qualität, Tiefe und Beständigkeit.

In dieser Hinsicht blieb Hendrik Wilp trotz der weltweiten Erfahrungen sehr deutsch: Er legt Wert auf exakte Planung, saubere Ausführung und Perfektion. Das macht ihn zu einem zuverlässigen Partner der Raumfabrik. Trotzdem möchte er die Zeit im Ausland nicht missen. Von der Gelassenheit der Australier und der positiven Grundhaltung der US-Amerikaner, da ist Hendrik Wilp sicher, kann man sich auch im manchmal etwas gemütsträgen Münsterland einiges abschauen.